Fototipp: Portrait mit Beat Pfändler
Ein Portrait entstehtEin Portrait entsteht
Das Portrait gehört zu den faszinierendsten Disziplinen der Fotografie. Es ist und bleibt ein Thema für viele, die eine Fotokamera besitzen und damit ihrem gestalterischen Flair Raum geben.
Menschen zu porträtieren gehört aber auch zu den schwierigsten Themen der Fotografie. Es geht dabei nicht nur um eine technische Anwendung von fotografischem Wissen, sondern um eine Kombination dessen mit Sehen, Erkennen, Erfahrung und nicht zuletzt, einer gesunden Portion Sympathie zu den Menschen. Denn der Kern des guten Porträts liegt primär im Erkennen eines anderen Menschen, im Erkennen seines Wesens und im Erfassen seines Seins. Aus diesem Grunde schaffen es Eltern hervorragende Portraits von ihren Kindern zu machen. Sie kennen und lieben ihre Kleinen und wissen recht genau wo sie geistig stehen, was sie im Schilde führen und wie sie reagieren. Werden die Kinder erwachsen und lösen sich geistig von den Eltern, schaffen es die Eltern nicht mehr, von ihrer Jungmannschaft Bilder zu machen. Die Chemie zwischen Eltern und Kindern wird für beide Seiten unübersichtlich. Nur schon eine Annäherung im Gespräch wird kompliziert, wie sollte denn dazwischen noch eine Kamera Platz haben.
Unter gleichaltrigen allerdings, finden es die wachsenden Jungen nicht schwierig, sich gegenseitig in Pose zu stellen und zu porträtieren. Sie stecken quasi im selben geistigen Boot. Das Selfie ist in diesem Sinne vom klassischen Portrait ausgenommen, da es mehr um eine Analyse des momentanen psychischen Zustandes geht als um ein Abbild des ganzes Wesens.
Im Altertum wurden Menschenbildnisse in Anlehnung an übermenschliche, göttliche Wesen geschaffen, seien es die Ägyptischen Pharaonen in Grauwacke oder die Griechen Götter aus Marmor, die etruskischen Figuren aus Gusseisen oder die Steinköpfe auf den Osterinseln aus Fels. Im semitischen und christlichen Europa war es untersagt, Bildnisse von Gott zu schaffen, auch wenn die Bildnisse menschliche Gestalt hatten. Folglich entwickelte sich auch kein Bedarf für Menschenbildnisse. Im Mittelalter wurden vom Klerus Bildnisse gefertigt, da sie die Linie des Glaubens repräsentierten. So wurden bald auch Portraits der einflussreichsten Familienoberhäupter für die Nachwelt gefertigt; als Status- und Leistungsnachweis für Dynastie, Familie und Verbindung zum Machtzentrum der Religion. Typisch für die Malereien aus dieser Zeit ist die fehlende Lichtführung. Die Stimmung im Bild ist diffus, die Gesichtsfarben blass, die Augen ohne Glanz.
Erst die Renaissance schaffte mit ihrem Aufbruch in das analytische Denken eine ganz neue Form der Betrachtung des Menschen und mit dem, lebendige Menschenbildnisse; Portraits vor Landschaften am Übergang vom Innen zum Aussenraum. Helle, ausdrucksvolle Gesichter, Augen mit Glanzlichtern und der Wertigkeit eines profilierten, strebenden, neuen Bewusstseins. Der Mensch auf dem Weg zu einer neuen Zeit, zu einem neuen Bewusstsein im Portrait integriert. Die Maler übernahmen das Licht welches sie in den Kirchen auf den Gesichtern der Menschen sahen; durch hochliegende Fenster trat durch das Glas leicht gebrochenes Sonnenlicht auf die Gesichter. Farbe, Glanz und Licht auf der einen Seite, diffuser Schatten und matte Farbtöne auf der andern Seite des Gesichtes. Ein Augenglanz-Punkt, leicht ausserhalb der Pupille auf beiden Augen, und auf der dunkleren Seite des Gesichtes nach Möglichkeit eine aufgehellte, Dreiecks-Form unter dem Auge. Die Portraits begannen zu leben, ganz im Sinne der Zeit. Noch heute gelten diese gestalterischen Komponenten des Portraits aus der Renaissance als Standard für die Malerei und damit auch der Portrait-Fotografie.
Falls du Interesse an der Portraitfotografie hast, bieten wir zwei spannende Fotokurse mit Beat Pfändler zum Thema an.